lättle | Ausgabe 11 | November/Dezember 2016 TITELTHEMA: KLEIDER MACHEN LEUTE 14 Aus alt mach Neu 15 Onlineshopping vs. Einkaufen in der Region Wohin mit Kleidern, die man selbst nicht mehr trägt? Im Gespräch mit einem Modehändler im Landkreis > Online-Händler wie Zalando boomen und internationale Ketten wie H&M und Primark feiern Erfolge. Die Zahl der selbstständigen Textilhändler hat sich seit der Jahrtausendwende fast halbiert. Das schätzt der Bundesverband deutscher Textilhandel (BTE). Wir haben mit einem Einzelhändler der Modebranche aus dem Landkreis gesprochen und über Probleme und Vorteile des Einzelhandels diskutiert. Die beiden größten Städte im Landkreis bieten eine Bandbreite von Modeläden und Bekleidungsketten. Kleine Boutiquen im Donauwörther Ried oder in der Nördlinger Innenstadt, namenhafte Labels in der Reichsstraße sowie Kaufhäuser und große internationale Ketten sind in Donau-Ries zu finden. In ganz Donauwörth sind es wohl um die 30 Geschäfte, in Nördlingen nicht weniger. Zwischen großen Marken und bekannten Warenhäusern findet man aber noch viele Einzelhändler, die in der heutigen Zeit vor Problemen und Herausforderungen stehen. Trotzdem können sie durch viele Alleinstellungsmerkmale überzeugen. Wenn man die Reichsstraße in Donauwörth oder die Löpsinger Straße in Nördlingen beim Bummeln entlang schlendert, fallen zum Beispiel Herrmann Bernreuthers Geschäfte ins Auge. Schon die Außendekoration und die Schaufenster sind aufwendig und passend zur Jahreszeit dekoriert. In den insgesamt vier Geschäften von Bernreuther wird die Kundin von Kopf bis Fuß ausgestattet. Kleidung, Schuhe, Kette, Hut – alles was man für ein komplettes Outfit braucht, findet man bei Bernreuther Mode & mehr in Donauwörth, Nördlingen, Monheim und Neuburg. In seinen Läden gibt es vor allem nordische Marken aus Dänemark und Holland. Die Ware ist individuell ausgesucht. „Meine Frau schlüpft in jede Hose, um die Passform zu prüfen“, erzählt Hermann Bernreuther. „Wir bereichern die Innenstädte“, ist sich Bernreuther sicher. Im Gegensatz zu anderen Händlern, die sich bei ihrem Ladenkonzept nach vorgefertigten Maßstäben der Modemarken halten müssen, sei er viel freier in der Gestaltung seines Ladens und der Präsentation der Kleidung. Er habe zwar mehr Arbeit als andere, die lohnt sich aber. Dass der Trend wieder zurück zu regionalem Einkaufen geht, denkt Bernreuther allerdings nicht. „Das dauert noch viele Jahre“. Online-Shops nehmen den Händlern vor Ort viel Verkaufspotential weg. Im Internet gibt es schließlich ein nahezu unendliches Angebot und auch in Sachen Mode bleibt kein Wunsch unerfüllt. Viele Händler beklagen inzwischen auch, dass Kunden in den Laden kommen, das Beratungsangebot wahrnehmen, vor dem Kauf dann aber einen Rückzieher machen. Man wisse dann ganz genau, dass der Kunde das Produkt zu einem günstigeren Preis im Internet finden will. Hermann Bernreuthers Kundinnen sind durchschnittlich über 30 Jahre alt. Ab dieser Generation hätte das Online-Shopping keinen großen Stellenwert. Wertschätzung für Qualität und außergewöhnliche Kleidung seien in dieser Generation noch vorhanden. Außerdem seien die Kundinnen in dem Alter „mode-mutiger“. Sie hätten ihren Stil zwar bereits gefunden, wären aber auch interessiert an Neuem. Deshalb ist Bernreuther von seinem Ladenkonzept überzeugt. Die Frauen, die bei ihm einkaufen, schätzen die Beratung der Mitarbeiter. Bernreuther und sein Team sehen nämlich sofort, wenn eine Kundin den Laden betritt, welcher Mantel oder welche Hose passen könnte und wissen, wie die Kleidungsstücke miteinander kombiniert werden können. Wenn eine Bluse einer Kundin absolut nicht steht, dann sagt Hermann Bernreuther das auch. „Das ist auch das Können eines Verkäufers“, stellt er fest. Eine Beratung die beim Online-Shopping ausbleibt. | > Im Landkreis Donau-Ries gibt es eine Vielzahl an Kleiderkammern und Annahmestellen für gebrauchte Klamotten. Aber nicht nur die Abgabe ist sinnvoll, auch das Shoppen im Secondhand Laden lohnt sich. Secondhand ist im Trend, Bewusstheit für Ressourcen wichtiger denn je und der ökologische Gedanke wird immer populärer. Das greift auch das Rote Kreuz in seinen beiden Kleiderläden in Donauwörth und Nördlingen auf. Monika Albinger ist seit einem Jahr für den BRK-Kleiderladen in der Eichgasse 8 in Donauwörth verantwortlich. Schon seit 30 Jahren betreibt das Rote Kreuz im BRK-Zentrum am Mangoldfelsen eine Kleiderkammer, in der Bedürftige gespendete Kleider einkaufen können. Mit dem Kleiderladen will man das Einkaufen aber attraktiver gestalten. Betritt man den Kleiderladen, möchte man kaum glauben, dass man es ausschließlich mit Kleidung aus zweiter Hand zu tun hat. Monika Albinger und ihre 20 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen dekorieren den Laden wie eine kleine Modeboutique. Es gibt Schaufensterpuppen, an denen Looks zusammengestellt werden. Schmuck, Taschen und Schuhe sind nicht an Wühltischen zu finden, sondern werden schön präsentiert. Die Möbel und Kleiderstangen konnten aus dem vorher ansässigen Bekleidungsgeschäft übernommen werden. Helle Möbel und Wände machen Lust zum Stöbern. „Wir nehmen alles an“, erklärt Monika Albinger. Damit meint sie, dass von Heimtextilien über Damen-, Herren- und Kinderkleidung bis hin zu Modeschmuck, Taschen und Schuhen alles im Kleiderladen abgegeben werden kann. Die Kleidung sollte frisch gewaschen und gut erhalten sein. Im Laden selbst gibt es allerdings nur Damen- und Herrenmode zu kaufen. Kinderkleidung, Bettwäsche und ähnliches geht an die Kleiderkammer im BRK-Zentrum. Einkaufen ob arm oder reich Für Monika Albinger und ihr Team spielt es keine Rolle, wer im Laden einkauft. Zu ihren Kunden gehören Menschen aus allen Gesellschaftsschichten. „Viele unserer Kunden sind überrascht, was wir alles haben und kaufen gerne in schönem Ambiente ein“, meint Albinger. Die Kunden seien sich auch bewusst, dass neue Ware oft mit hochgiftigen Chemikalien belastet ist. Secondhand Kleidung, die schon viele Waschgänge hinter sich hat, sei deutlich weniger belastet. Außerdem hätten viele Menschen keine Lust mehr auf den „Konsumterror“, dem wir täglich ausgesetzt seien und würden sich bewusst für nachhaltiges Einkaufen entscheiden. Je nach Zustand und Alter der Kleidungsstücke zahlt man für T-Shirts beispielsweise 2,– bis 5,– Euro oder für Jacken 12,– bis 15,– Euro. Hartz IV-Empfänger mit einem Bedürftigkeitsnachweis, Senioren mit Niedrigrente oder Flüchtlinge bekommen auf den Festpreis 50 % Rabatt. Egal ob der Vollpreis oder die Ermäßigung gezahlt wird, die Einnahmen werden wiederum in soziale Projekte des Roten Kreuzes gesteckt. | Was gibt’s noch? Kolibri – Kolpings kleiner Laden in Donauwörth: Adolph-Kolping-Straße 2 Kinderkleidung bis Größe 152, Kinderspielzeug und -bücher Montag bis Donnerstag 10 – 12 Uhr und 14 – 17 Uhr BRK Kleiderladen in Nördlingen: Polizeigasse 5 Kleidung und Schuhe für Erwachsene und Kinder, Spielwaren und Bücher Montag bis Donnerstag 8 – 16 Uhr und Freitag 8 – 12 Uhr Caritas Kleiderladen in Donauwörth: Pflegstraße 23 Kleidung für Erwachsene und Kinder Dienstag 15 – 18 Uhr, Donnerstag 9 – 15 Uhr, BRK Kleiderkammer in Donauwörth: Jennsigasse 7 Kleidung für Erwachsene und Kinder, Heimtextilien Jeden 1. Freitag und jeden 3. Dienstag im Monat 13.30 -17:00 Uhr, Kleiderladen der Caritas und des Diakonischen Werks in Nördlingen: Drehergasse 14 Kinder- und Erwachsenenkleidung. Jeden Dienstag und Donnerstag 9 – 12 Uhr Fundgrube in Monheim: Donauwörther Straße 60 Kleidung, Hausrat, Fahrräder, jeden Mittwoch 15 – 17 Uhr Unsere Bücher zum Thema DIE GESCHICHTE DER MODE STILE, TRENDS UND STARS Bildquelle: Haupt Verlag NJ Stevenson Die Geschichte der Mode Haupt Verlag Erschienen: 2011 ISBN: 978-3-258-600-32-1 Jede Zeit hat ihre Trends und ihre Modeikonen. Das Buch die „Geschichte der Mode – Stile, Trends und Stars“ zeichnet den Weg, den die Mode seit 1790 zurückgelegt hat nach und stellt die Modeikonen der jeweiligen Zeit vor. Im Buch werden außerdem einflussreiche Modedesigner wie Coco Chanel, Vivienne Westwood oder Jean-Paul Gaultier porträtiert. Zudem erfährt man im Buch, welchen Einfluss Theater, Film, Musik und Tanz auf die sich ständig wandelnde Mode hatten. Auch Kleidungsstücke oder Accessoires, die die Must-Haves der jeweiligen Zeit waren, werden vorgestellt. So geht das Buch zum Beispiel genauer auf das Empire-Kleid, das Pariser Kostüm, das Kleine Schwarze, den Stiletto oder das Westwood-Korsett ein. Einen Überblick über die Modegeschichte gibt es am Ende des Buches: Auf einer Zeitachse finden sich die Meilensteine der Modegeschichte vom 18. Jahrhundert bis heute. Die Buchautorin, NJ Stevenson ist seit 14 Jahren als Modejournalistin und Stylistin tätig Außerdem unterrichtet sie auch an der University of the Arts in London im Bereich „Styling and Fashion in film“. WENN REICHTUM TÖTET VON WUTBÜRGERN UND MUTBÜRGERN Bildquelle: Informationsluecke-Verlag Bruno Rabl Wenn Reichtum tötet Informationsluecke-Verlag Erschienen: 2013 ISBN: 978-3-905955-89-7 Günstige Kleidung aus Billiglohnländern – oft kaufen wir sie, ohne uns über ihre Herkunft und Entstehung Gendanken zu machen. Aber auch teure Markenkleider sind kein Garant dafür, dass Näher und Näherinnen unter fairen Bedingung arbeiten. Den Auswirkungen der teilweise sklavenähnlichen Ausbeutung durch skrupellose Firmeninhaber in „negativen Drittsaaten“ sind wir uns oft nicht bewusst. Trotz Arbeit haben zahlreiche Menschen nicht einmal das Nötigste zum Leben. Parani zum Beispiel. Sie wohnt mit ihrem Sohn in den Slums von Dhaka, der Hauptstadt von Bangladesch. Als Näherin in einem Produktionsbetrieb für Billigtextilien verdient sie monatlich unter 20 Euro. Für die medizinische Versorgung für ihren schwer kranken Sohn Kiron bleibt kein Geld. Sie weiß, er wird bald sterben ... Was kann die Näherin Parani jetzt nur tun? Und vor allem, was könne wir tun, um etwas zu ändern? Gibt es einen Weg aus Wutbürgern Mutbürger zu machen? Der Autor Bruno Rabl ist Wirtschaftsjurist und stammt aus Augsburg. Er war über zehn Jahre in der Textilbranche tätig. Shoppen ohne schlechtes Gewissen Fair hergestellte und gehandelte Mode ist im Trend > Wie teuer ist faire Mode wirklich? Gibt es auch echte Trendteile oder doch nur Baumwoll-Basics? Und kann man auch bei uns auf dem Land Fair-Trade Geschäfte finden? Das Fairtrade-Siegel findet man in Deutschland bereits auf über 3.000 Produkten von Kaffee bis zu Blumen, Bananen und Baumwolle. Für Textilien und Baumwolle gibt es sogar jeweils ein eigenes Siegel, denn im Textilsektor gibt es laut Fairtrade Deutschland noch immer viele Probleme und Herausforderungen: lange, komplexe Lieferketten, fehlende Transparenz und fehlendes Bewusstsein der Arbeiterinnen und Arbeiter für ihre Rechte. Das Fairtrade-Textilprogramm bietet ein Unterstützungsprogramm für Fabriken vor Ort in den Bereichen Arbeits- und Gesundheitsschutz, Arbeitsrechte, existenzsichernde Löhne und Verbesserung von Effizienz und Produktivität. In den Großstädten gibt es mittlerweile immer mehr Geschäfte, die faire Mode verkaufen, und im Internet findet man immer mehr Online-Shops für biologische und faire Kleidung, denn Fairtrade ist Trend. Ganze Blogs und Youtube-Kanäle beschäftigen sich mit dem Thema und stellen die neuesten Trendteile vor. Doch auch in unserer Heimat gibt es Läden, in denen man mit gutem Gewissen shoppen kann – im Eine Welt Laden in Donauwörth zum Beispiel. Dort gibt es T-Shirts von „melawear“, eine Fair-Trademarke für Kleidung. Bei den Produkten wird auf die Einhaltung ökologischer und sozialer Standards geachtet. Alle Materialen, die für die Marke genutzt werden, stammen aus biologischer Herstellung. Die Firma steht mit allen von Fairtrade zertifizierten Lieferketten in direktem Kontakt. Die Herstellung der Produkte ist ressourcenschonend und CO2-sparend. Seit einem Jahr gibt es die Faire Kleidung im Welt Laden. „Die Nachfrage könnte sicher größer sein“, meint Andreas Plohmann, Vorsitzender vom Verein „Solidarität für eine Welt“, der den Welt Laden ehrenamtlich betreibt. Zum einen ist das wahrscheinlich so, weil die Preise für Faire Mode teurer sind, als die vom Discounter oder herkömmlichen Modegeschäft. „Und das ist auch gut so“, sagt Plohmann, denn nur durch die höheren Preise kann gewährt werden, dass die Hersteller mehr am Endprodukt verdienen und Arbeiter und Arbeiterinnen einen sicheren Arbeitsplatz haben. In Donauwörth ist der Welt Laden das einzige Geschäft mit Fairer Mode, aber es gibt noch weitere 6 bis 8 Einzelhändler in der Innenstadt, die ebenfalls Fairtrade Produkte anbieten. Donauwörth ist deswegen im Sommer 2016 als Fairtrade Town ausgezeichnet worden. | Bildquelle: TransFair e.V./Anand Parmar
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