lättle | Ausgabe 11 | November/Dezember 2016 VEREINSLEBEN 24 Ihr Kinderlein kommet, oh kommet doch all! Zur Krippe her kommet in Bethlehems Stall ... Zu Besuch beim Krippenverein Mertingen e. V. von Verena Gerber-Hügele Als ich in die Werkstatt des Krippenvereins Mertingen e. V. komme, stehen auf Arbeitstischen und Werkbänken verteilt die unterschiedlichsten Krippen. Auf den ersten Blick erkenne ich eine ländliche Krippe im Schnee, eine orientalische Krippe, eine Krippenszene, die in eine Laterne eingebaut ist und sogar eine Krippe, die in eine ausgehöhlte Baumscheibe gebaut wurde. Alle sind so liebevoll und detailreich ausgestattet, dass man sich im Schauen und Entdecken der Szenen verlieren kann. > Gegründet wurde der Krippenverein Mertingen e. V. am 10. April 2014. Aber die Anfänge des Krippenbauens reichen viel weiter zurück. Die ersten Kurse wurden bereits 2007 bei den Schnitzer- und Krippenfreunden in Tapfheim und von 2008–2013 bei den Museumsfreunden Mertingen gegeben, bis 2014 letztendlich ein eigener Verein gegründet wurde. Zum Gespräch treffe ich den 1. Vorsitzenden Rudolf Sailer, die 2. Vorsitzende Johanna Reiter und einige weitere Mitglieder des Vereins. Alle von ihnen haben schon eine oder mehrere Krippen selbst gebaut, geben in Kursen ihre Erfahrungen aber auch gerne an Neulinge weiter und helfen auch bei der Organisation von Ausstellungen oder beim Besorgen von Baumaterialien. Die Werkstatt in der wir uns befinden, haben die Mitglieder mit großem Engagement selbst ausgebaut und eingerichtet. „Wir sind sehr froh, dass die Gemeinde Mertingen unseren Verein großzügig unterstützt und uns diese Räumlichkeit, den ehemaligen Luftschutzbunker im Ärztehaus in der Fuggerstraße, zur Verfügung stellt. Als wir hier angefangen haben, gab es nichts außer nacktem Beton und einer Deckenlampe. Den Holzboden, das WC, die Regale und Werkbänke haben wir alle selbst organisiert und eingebaut. Das haben wir in der Sommerpause gemacht, wenn keine Krippenbaukurse stattfinden“, erklärt mir Rudolf Sailer. Vielseitiges Kursangebot rund um den Krippenbau Der Verein bietet mehrere Kurse rund ums Krippenbauen an. Zweimal im Jahr – im Frühjahr und im Herbst – finden zwei Krippenbaukurse statt. Ebenfalls zu dieser Zeit finden auch zwei Krippenlaternenbaukurse statt. Das sind etwas kleinere Krippen, die in eine Laterne mit Glaswänden passen. Außerdem gibt es Kurse zur Herstellung von Bekleidungen der Krippenfiguren, für das Basteln von Krippenzubehör wie zum Beispiel Bäume und Sträucher sowie einen Kurs zur LED-Beleuchtung der Krippe. Ab September findet an jedem 1. Freitag im Monat außerdem der Hoigarta statt und man trifft sich um ganz allgemein Weihnachtsschmuck zu basteln, zukünftige Krippenausstellungen vorzubereiten und einfach auch gemütlich beieinander zu sitzen und zu erzählen. „Unsere Krippenbaukurse sind sehr gefragt. Wir müssen keine Werbung machen, das läuft alles über Mund-zu-Mund-Propaganda. Oft baut jemand eine Krippe bei uns, zeigt sie dann Freunden und Nachbarn und die kommen dann auch zu uns in einen Kurs. Die Kurse sind immer ausgebucht, es gibt sogar eine Warteliste. Wir haben auch viele Wiederholungstäter“, lacht Kursleiterin Johanna Reiter. Sie hat in Österreich durch mehrere Kurse und Prüfungen den Krippenbaumeister gemacht und bildet sich regelmäßig auf Fortbildungen weiter. Im Kurs erklärt sie z. B. auch den Aufbau einer mehrstufigen Landschaft, berät zur Ausstattung der Krippe und zur richtigen Aufstellung der Figuren. „Generell kann jeder seine Krippe so bauen, wie er möchte. Ich gebe lediglich Tipps und Hinweise, z. B. dass bei einer orientalischen Krippe eher Sand und Palmen als Moos und Bäume verwendet werden oder dass nach kunstgeschichtlicher Anordnung Maria links und Josef rechts des Jesuskindes aufgebaut wird und der Esel hinter Maria und der Ochse hinter Josef stehen sollte“, erklärt die erfahrene Krippenbaumeisterin. In einer Krippe stecken durchschnittlich 60 bis 80 Arbeitsstunden Zu Beginn eines jeden Krippenbaukurses müssen sich die Teilnehmer zunächst entscheiden, welche Art von Krippe sie bauen möchten: heimatlich, alpenländisch, orientalisch, Schneekrippe oder Stilkrippe – die Möglichkeiten sind vielfältig. Außerdem muss entschieden werden, wie groß die Krippe werden darf und wie viel Geld man in die Ausstattung investieren möchte. „Manche Teilnehmer entscheiden sich für einige wenige Figuren, andere möchten lieber eine große Szenerie mit vielen zusätzlichen Figuren und Tieren. Das bleibt jedem selbst überlassen, zumindest die Heilige Familie gehört aber in jede Weihnachtskrippe. Manche entscheiden sich zu Beginn für günstigere Krippenfiguren aus Polyresin, stellen am Schluss aber dann doch die treuren geschnitzten Holzfiguren oder handgefertigte Figuren mit Stoffbekleidung in die Krippe. Wir haben immer verschiedene Muster zum Ausprobieren vorrätig. Manche Teilnehmer bringen auch von vorne herein eigene Figuren mit, die sie verwenden möchten. Wer seine Figuren nicht selbst z. B. auf dem Weihnachtsmarkt kaufen möchte, kann sie über uns bestellen. Das Grundbaumaterial – z. B. Styropor, Holzstücke, Rinde, Steine usw. – sind in der Kursgebühr enthalten. Nur die Figuren und andere Extraausstattungen müssen selbst besorgt oder bei uns zugekauft werden“, erklärt Johanna Reiter. Je nach Geldbeutel kann die Krippe mit ei- ner Heiligen Familie für 50 Euro ausgestattet werden oder mit einer für 500 Euro. „Oft ist es so, dass die Teilnehmer erst einmal eine kleinere Krippe bauen und mit wenigen Figuren ausstatten. Dann bekommen sie nach und nach weitere Figuren geschenkt oder kaufen sie selbst und bauen dann Teile an die Krippe an. So mancher hat im Wohnzimmer schon einen Teil des Schrankes abgebaut, um Platz für die Erweiterung der Krippe zu schaffen“, lacht Rudolf Sailer, denn er spricht aus eigener Erfahrung. „Viele Teilnehmer beginnen mit einer einzigen Krippe, denn mehr kann man eh nicht aufstellen, doch dann bauen sie doch noch eine zweite oder dritte Krippe. Man sieht halt im Kurs was die anderen so machen, man sieht auf den Ausstellungen was andere Vereine so machen, man sieht in Büchern oder in der Vereinszeitschrift die unterschiedlichsten Modelle und ist gleich inspiriert, ein neues Projekt in Angriff zu nehmen. Es kann sich schon zu einer Art Sucht entwickeln, bei mir ist das jedenfalls so“, erzählt Johanna Reiter. Meist bauen die Vereinsmitglieder die Krippe für sich selbst oder für jemanden aus der Familie oder dem Freundeskreis. Aber manchmal kommt es auch vor, dass eine Institution an den Verein herantritt und eine spezielle Krippe in Auftrag gibt. „Für die Raiffeisen-Volksbank Mertingen haben wir in insgesamt 400 Arbeitsstunden eine heimatliche Krippe gebaut, die in groben Zügen dem Hof nachempfunden ist, der ehemals am Platz der Bank gestanden hat. Die bisher größte Krippe, die wir gebaut haben misst rund 2 Meter auf 2,80 Meter und verfügt über 30 cm große Krippenfiguren. Sie besteht aus insgesamt 8 Teilen und ist in der Pfarrei Amerdingen zu sehen. Dafür haben wir 26 Abende mit 563 Arbeitsstunden gebraucht. Aktuell arbeiten wir am Bau einer Krippe für die Kindertagesstätte Mertingen. Die Figuren haben wir vom Kindergarten bekommen und die Vorgabe ist, eine robuste und von Kindern bespielbare Krippe zu bauen. Krippenausstellung in Mertingen Ein großer Erfolg sind die Krippenausstellungen des Vereins, die alle zwei Jahre immer im Januar stattfinden. Bei der Ausstellung 2014 zählte der Verein 457 Besucher. Bei der Ausstellung heuer waren es bereits 685 Besucher. In der kommenden Adventszeit wird außerdem eine Ausstellung in den Räumen der Raiffeisen-Volksbank in Mertingen zu sehen sein. Ausgestellt werden die neuesten Kleinkrippen und auch Krippenlaternen. Wer nun selbst Lust bekommen hat, kann sich zu den Geschäftszeiten der Raiffeisen-Volksbank Mertingen die Ausstellung ansehen, oder er meldet sich beim Krippenverein Mertingen und nimmt vielleicht sogar selbst an einem der nächsten Krippenbaukurse teil. „Wir freuen uns immer auf neue Gesichter. Bei uns geht es außerdem sehr gesellig zu. Im Kurs feiern wir sogar bei jeder Krippe Hebauf. Wir bauen übrigens nicht nur klassische Weihnachtskrippen, sondern auch Krippen mit anderen biblischen Szenen. Es muss nicht immer Jesu Geburt sein, wir machen auch Passionskrippen, Herbergsuche, Flucht oder Verkündigung“, laden Rudolf Sailer und Johanna Reiter interessierte Krippenbauer ein. | TERMIN 2016: Ab dem 1. Advent findet zu den Geschäftszeiten eine Krippenausstellung in den Räumen der Raiffeisen-Volksbank Mertingen statt. Vereinsorganisation und Aktionen: Der Krippenverein Mertingen e. V. gehört dem Dachverband Bayerischer Krippenfreunde an. Jedes Vereinsmitglied erhält 4 x im Jahr die Vereinszeitschrift „Der Bayerische Krippenfreund“. Außerdem werden jährlich Ausflüge und Gegenbesuche der dem Verband angehörigen Vereine aus Deutschland, Österreich und der Schweiz organisiert. Jährlich nimmt der Verein an der Krippenwallfahrt und an der Landestagung teil. Krippenverein Mertingen e. V. Werkstatt: Fuggerstraße 9 Postadresse: Nelkenweg 19 86690 Mertingen Telefon: 0 90 78 / 1359 www.krippenverein-mertingen.de Während den Krippenbauzeiten erreichbar unter: 0175 / 2 16 5339 ANZEIGE
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