lättle | Ausgabe 14 | Mai/Juni 2017 REGIONALGESPRÄCH 22 23 Bildquelle: Arbeitskreis Suchtprävention Birgit Baier (mitte) arbeitet auch im Arbeitskreis Suchtprävention mit. > Vieles sind Automatismen, die routiniert laufen. Reanimieren kann man zum Beispiel megagut trainieren, weil das läuft immer nach Schema ab. Bevor wir sie ins Krankenhaus gebracht haben, haben wir sie erst einmal saubergemacht. Sonst wäre das einfach unwürdig gewesen. Einmal musste ich mich aber tatsächlich übergeben. Das war, als wir mehrere stark alkoholisierte Menschen behandelt haben und Autos, die gibt es meistens nur in Filmen. 28 Am besten wird es sein, seinen Erste-Hilfe-Kurs regelmäßig aufzufrischen. Was empfehlen Sie da? So wie das Auto alle zwei Jahre zum 31 Wo gibt es Probleme? Oder besser gesagt: Welche Verbesserungen im Gesundheitswesen wünschen Sie sich? Das Problem ist die Politik. Die rationiert immer mehr. Die Budgets für Ärzte innerhalb 34 Ich kann mir vorstellen, dass Sie mit Ihren Berichten über Ihre Einsätze bei den Schülern bleibende Eindrücke hinterlassen. Wie reagieren die Schüler auf Ihre Geschichten und Bilder? Ich zeige auch Bilder von Einsätzen, da sind die meisten dann betroffen 50 Können Sie unseren Lesern dann ins Krankenhaus gebracht haben. Am Ende der Fahrt war mir dann auch schlecht. TÜV muss, sollte man auch alle zwei Jahre zu einem Erste-Hilfe-Kurs gehen. denen sie Medikamente verschreiben dürfen und Regress, also Strafzahlungen, wenn das Budget und erschrocken und erkennen, dass gewisse Grenzen nicht überschritten werden sollten. 40 Medizinerin? 7 Punkte. Ich bin Ärztin, nicht Medizinerin. Zum Arzt sein gehört überschritten wird, müssten noch mehr dazu. abgeschafft werden. 41 Seelsorgerin? 6 Punkte. 24 Bei so viel Leid, Verletzungen, Krankheiten und auch Tod in Ihrem Berufsalltag – kann man da eigentlich noch Spaß an der Arbeit haben? Natürlich! Man kann ganz schnell Leben retten und das ist ein unglaublich befriedigendes Gefühl. Manchmal geht es auch ganz lustig zu. Ich kann mich noch an einen Unfall auf der B2 erinnern. Zwei ältere Frauen waren da in einem Auto eingeklemmt. Ich bin dann ins Auto rein gekrabbelt und habe nach ihnen geschaut. An sich ging es ihnen gut, aber sie waren eben eingeklemmt. Ich hab dann im Auto mit ihnen darauf gewartet, bis die Feuerwehr sie rausgeholt hat. Solange hatten wir eine lebhafte, fast kaffeekränzchenartige Unterhaltung im Auto. 25 Sind Sie nach so vielen Einsätzen noch erschrocken oder geekelt, wenn Sie an einen Einsatzort kommen? Eine Messiwohnung, die völlig verdreckt ist und dort schon jemand liegt der seit zwei Monaten tot ist, den Geruch bekommt man lange nicht aus der Nase. Ansonsten ekele ich mich nicht. Eine Frau, der wir helfen mussten, war völlig eingekotet im Bad gelegen. 26 Gab es trotzdem Einsätze, die Sie nicht mehr loslassen? Das kommt nicht unbedingt täglich vor, aber vor allem, wenn Kinder dabei sind, ist es belastend. Zum Beispiel, wenn ein Elternteil stark betrunken ist und die Kinder verletzt hat. Oder wenn Menschen sterben, während man gerade noch dabei ist, ihnen zu helfen. 27 Wie verhalte ich mich richtig, wenn ich zu einem Autounfall komme, bei dem eine Person verletzt wurde? Als erstes schauen Sie, dass sie nicht selbst überfahren werden. Gehen Sie weg von der Fahrbahn und ziehen Sie die Warnweste an! Sichern Sie die Unfallstelle ab! 112 funktioniert europaweit und auch wenn Sie die Sprache nicht sprechen, solange Sie vermitteln können, wie viele Leute betroffen sind, ist schon viel geholfen. Und haben Sie keine Angst, vor brennenden, explodierenden Lassen Sie uns nun etwas allgemeiner über den Notarzt- und Gesundheitsstandort Donau-Ries sprechen 29 Ist der Landkreis im Bereich Notärzte gut ausgestattet oder unterbesetzt? Ich würde sagen, gerade so ausreichend. Wir sind 16 Ärzte, die aber nicht immer einsatzfähig sind. In Nördlingen ist es noch etwas schwieriger als in Donauwörth. Aber es gibt auch Standorte in Bayern, die weitaus schlechter besetzt sind, als wir. Aber keiner braucht Angst zu haben, dass kein Notarzt kommt. 30 Und im Bereich der niedergelassenen Haus- und Fachärzte sowie der Kliniken? Eigentlich sind wir noch gut versorgt. Das Problem ist, dass kein Nachwuchs nachkommt. Ich habe gelesen, dass Sie auch beim AK Suchtprävention mitarbeiten und Vorträge in Schulen zum Thema Alkoholismus halten. 32 Wie genau klären Sie die Schüler zu dem Thema auf? Ich spreche über Alkohol, Drogen und Sucht mit Schülern ab der 6. Klasse. Ich erkläre den Kindern und Jugendlichen das Thema als Notärztin und aus der medizinischen Sicht. 33 Wie groß schätzen Sie das Problem Alkohol und Drogen bei jungen Menschen ein? Die Notfälle aufgrund von Alkohol sind im Schnitt 33 Jahre alt. Von 12 bis 78 Jahren ist da alles dabei. Die Jüngeren sind aber eher von der Drogensucht betroffen. Sie selbst haben auch Kinder. Sprechen wir doch einmal über die Mutter Birgit Baier. 35 Wie viele Kinder haben Sie? Ich habe drei Kinder. 36 Und wie alt sind sie? Meine Kinder sind 12, 14 und 16 Jahre alt. 37 Wie bringen Sie Haushalt, Kinder und Beruf unter einen Hut? Durch tatkräftige Unterstützung vom besten Ehemann. Er hatte damals auch Elternzeit genommen und seine Stunden auf 50 Prozent reduziert. Mittlerweile sind unsere Kinder ja schon groß und brauchen nicht mehr so viel Betreuung. Außerdem kann ich als freiberufliche Notärztin von zu Hause aus arbeiten und von dort zu den Einsätzen fahren, das ermöglicht auch vieles. 38 Wie gehen ihre Kinder damit um, dass ihre Mama ständig auf Abruf ist und oft von der einen auf die andere Sekunde weg muss? Die sind mit Blaulicht aufgewachsen. Schon als ich schwanger war, habe ich als Notärztin gearbeitet. 39 Ist man als Ärztin bei den eigenen Kindern bei Krankheiten, Verletzungen oder Prävention übervorsichtig oder eher abgehärtet? Eher abgehärtet. Kommen wir nun zu unserem Self-Rating Test. Schätzen Sie sich von 0 (völlig unbegabt) bis zu 10 (sehr talentiert) ein. 42 Familienmensch? 5 Punkte. 43 Problemlöserin? 7 Punkte. 44 Pädagogin? 4 Punkte. 45 Kreativität? 8 Punkte. Ihr Beruf und Ihre Familie fordern ganz schön viel von Ihnen. Hoffentlich kommen Sie selbst und Ihre Gesundheit dabei nicht zu kurz. 46 Was tun Sie selbst, um fit und gesund zu bleiben? Ich zehre von meinen Genen, treibe Sport, verzichte auf Zucker, rauche nicht und trinke nur sehr wenig Alkohol. 47 Wobei können Sie entspannen? Manchmal puzzle ich gerne, lese oder schaue ein gutes Fußballspiel. 48 Welches ist Ihr Lieblingsbuch? Den Kommissar Kluftinger lese ich gerne. Der Autor stammt aus meinem Dorf. 49 Haben Sie noch Zeit für ein Hobby? Mein Beruf ist mein Hobby. noch einen Gesundheitstipp geben, damit alle gut in den Frühsommer starten? Haben Sie auch ein Gefahrenbewusstsein im Straßenverkehr. Halten Sie die Augen offen und schauen Sie auch nach hinten, bestehen Sie nicht immer auf Ihre Vorfahrt, wenn man dadurch einen Unfall verhindern kann und halten Sie Abstand zum Vordermann. Aber auch im Alltag gibt es Gefahren, die man beachten sollte. Ältere Leute sollten bitte Stolperfallen in der Wohnung vermeiden und nachts das Licht einschalten, wenn sie zur Toilette gehen. Bleiben´s einfach gsund, dass wir uns beruflich nie begegnen! ANZEIGE Frau Baier, vielen Dank für das spannende Gespräch und dass Sie sich die Zeit für uns und unsere Leserinnen und Leser genommen haben. |
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