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blaettle 15 - Juli/August 2017

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Achtung Baby! - Familiengründung und Kinderbetreuung im Landkreis Donau-Ries

lättle | Ausgabe

lättle | Ausgabe 15 | Juli/August 2017 TITELTHEMA: ACHTUNG BABY! 14 Kinder gut betreut > Ohne die richtige Kinderbetreuung würden Familien Kind und Karriere nicht unter einen Hut bekommen. Wie sieht die Betreuungssituation im Landkreis aus? Welche Betreuungsmöglichkeiten gibt es? Wie meistert ein Hausmann die Betreuung seiner Kinder, während seine Frau zur Arbeit geht? Rollentausch: Wenn der Papa Hausmann ist > Bei Familie Graf aus Alerheim sind die Rollenbilder vertauscht. Der Familienvater kümmert sich als Hausmann um die beiden Kinder, seine Frau will als Ärztin Karriere machen. Ines wurde mit 23 das erste Mal schwanger – ein Wunschkind. Dass Jens und Ines Graf aus Alerheim jung Eltern werden wollen, war ihnen schnell klar, dass die Kinder dann während Ines’ Studiums zur Welt kommen auch. Ines studiert Medizin und zwar aus Überzeugung. Sie will Hausärztin werden, dem Ärztemangel auf dem Land entgegensteuern. Ihr Traumstudium und Berufswunsch wegen der Familie an den Nagel zu hängen, kam für sie nie in Frage. Auch, weil sie einen Mann hat, der ohne zu zögern ein Jahr Elternzeit nahm, als vor 3 Jahren die kleine Sophie zur Welt kam. Gerade als Jens wieder ein halbes Jahr als Drucker arbeitete wurde dann Raffael geboren und für die Familie war klar: Jens geht wieder für ein Jahr in Elternzeit. Vielleicht war es die große Freude über den Nachwuchs oder das starke Vertrauen in den Arbeitgeber, aber Jens sagte seinem Chef zu früh Bescheid, nämlich genau eine Woche bevor der gesetzliche Kündigungsschutz begonnen hätte. Prompt landete die Kündigung in Jens’ Händen. Ein Schock für die Familie, die sich gerade auf das zweite Kind freute. Aber Jens Graf hat sich mit dieser Situation mit der Zeit mehr als arrangiert. Raffael ist jetzt eineinhalb, seine große Schwester geht in den Kindergarten. Den Kleinen in die Krippe zu geben kommt für die Grafs nicht in Frage. „Wir haben die Kinder nicht bekommen, um sie acht oder neun Stunden in Betreuung zu geben“, so Ines. Die Familie lebt in Jens’ Elternhaus. Unten die Großeltern, oben Jens, Ines und die Kinder. Ein Mehrgenerationenhaus also. Man motiviert und unterstützt sich gegenseitig. Jens’ Eltern arbeiten beide noch, eine Betreuung durch Oma und Opa unter Tags wäre also nicht möglich. Für Ines blieb also nur, die Kinder zeitweise mit in die Univorlesungen zu nehmen und Jens kümmerte sich um die beiden, wenn seine Frau für Prüfungen lernen musste. Jetzt macht Ines aber ihr praktisches Jahr im Krankenhaus in Dillingen. „Sonst komme ich im Studium nicht weiter, ich muss es eben machen“, stellt Ines klar. Jens ist mehr der Freigeist, der Spontane, der es liebt seinen Tag mit den Kindern selbst zu Familie Graf aus Alerheim ist glücklich mit ihrem gewählten Betreuungsmodell für die Kinder. strukturieren. Tatsächlich Hausmann zu sein, für seine Kinder da sein, ist das, was ihn erfüllt. Bei Freunden und Familie kommt der Rollentausch der Grafs gut an. Und auch andere Eltern akzeptieren die Entscheidung. „Einmal die Woche bin ich mit Raffael im Musikkurs für Kinder. Da bin ich der einzige Papa. So geht es mir schon oft, aber das ist kein Problem“, sagt Jens. In Kindergärten und Schulen sind Kinder ja oft von weiblichen Lehr- und Erziehungskräften umgeben, ein Papa als Ausgleich sei da manchmal nicht schlecht. Wenn Ines fertig mit dem Studium ist, will sie als Ärztin genug verdienen, um die Familie zu ernähren. Momentan reichen ihr Stipendium und die staatlichen Leistungen gerade so aus. Der Plan für die Zukunft sieht für die jungen Eltern also so aus, dass Jens noch längerfristig zuhause bleibt. „Vorstellen kann ich mir das schon, wieder zu arbeiten“, meint Jens, schließlich wollen auch Frauen oft nach einigen Jahren Kind und Küche wieder zurück zu Kollegen und Kantine. Im Moment aber fühlt sich die Situation für die Grafs genau passend an. „Rückblickend haben wir alles richtig gemacht“, sind sich die jungen Eltern sicher. | Im Interview > Claudia Wernhard von der Fachstelle für Kindertagesbetreuung im Landratsamt unterstützt alle Beteiligten im Bereich Kindertagesbetreuung. Sie berät Einrichtungsträger, begleitet Kitas in pädagogischen und organisatorischen Frage und unterstützt Kommunen bei dem Ausbau der Kindertagesbetreuung. Wir haben ihr Fragen zur Betreuungssituation im Landkreis gestellt. Donau-Ries-Aktuell: Frau Wernhard, seit 2013 hat jedes Kind ab einem Jahr einen Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz. Trotzdem hört man immer wieder von langen Wartelisten. Wie ist die Situation im Landkreis? Claudia Wernhard: Die Kommunen im Landkreis Donau-Ries erkannten den Bedarf an Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren, investierten rechtzeitig und stellen in der Regel ausreichend Plätze zur Verfügung. In einigen Kommunen können Kinder unter drei Jahren in den altersgemischten Kindergartengruppen aufgenommen und altersgerecht betreut werden. DRA: Und wenn doch mal alle Plätze voll sind? C. W.: Engpässe bei der Suche nach einem Krippenplatz gibt es in der Regel nur, wenn Eltern während des laufenden Kindergartenjahres einen Betreuungsplatz benötigen. Meist gelingt es, nach kurzer Wartezeit einen Platz bzw. eine Tagesmutter zu vermitteln. DRA: Sind weitere Kitaplätze geplant? C. W.: Derzeit wird in Münster ein neuer Kindergarten errichtet, der in Kürze bezugsfertig ist. Hier entsteht auch eine Krippe mit zwölf Plätzen. DRA: Wie unterschiedlich ist der Bedarf in den Städten und kleinen Gemeinden? Tun sich kleine Gemeinden schwer, ausreichend Welche Betreuungsmöglichkeiten gibt es? Kinderkrippe Krippen sind Tageseinrichtungen für Kinder im Alter von wenigen Wochen bis zum vollendeten 3. Lebensjahr. Die Betreuung der Kinder erfolgt in altersgemischten Gruppen. Seit 1. August 2013 hat jedes Kind ab einem Jahr einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz Kindergarten Kindergärten sind vor- und außerschulische Bildungseinrichtungen für Kinder nach Vollendung des dritten Lebensjahres bis zur Einschulung. Kinder zusammenzubringen, um eigene Krippengruppen in den Kindergärten einzurichten? C. W.: Kleine Kommunen bieten durchaus reine Krippengruppen an oder eröffnen den Eltern die Möglichkeit, die Kinder in einer altersgeöffneten Kindergartengruppe aufzunehmen. Es ist tatsächlich so, dass in den Städten mehr Plätze – vor allem für sehr junge Kinder ab sechs Monaten nachgefragt werden. DRA: Manche Einrichtungen sind in ihren Buchungszeiten oft sehr flexibel, andere weniger. Gibt es hier Lösungsansätze, sodass berufstätige Eltern ihre Kinder möglichst gut betreut wissen? C. W.: Die Kindertagesstätten sind verpflichtet, jährlich einen Fragebogen an die Eltern zu verteilen, in dem unter anderem die gewünschten bzw. benötigen Öffnungsund Ferienzeiten abgefragt werden. Sollte die Befragung einen geänderten Bedarf ergeben, reagieren die Einrichtungen entsprechend ihrer Möglichkeiten. In den letzten Jahren verlängern immer mehr Einrichtungen die Öffnungszeiten, um bedarfsgerechte Plätze anbieten zu können. Im Kindergarten ist eine Mindestbuchungszeit von 20 Stunden an mindestens vier Tagen in der Woche erforderlich, um den Bildungsauftrag erfüllen zu können. Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt auch, dass Einrichtungen meist weniger als 30 Tage schließen. | Kindertagesstätte (Kita) Kitas sind Einrichtungen, in welchen Krippe und Kindergarten miteinander verschmelzen. Sie sind somit Betreuungsangebote in ein und derselben Einrichtung für Kinder im Alter von 0 bis 6 Jahren. Hort Ein Hort ist eine Tageseinrichtung für Schulkinder. Dort werden Kinder nach der Schule in altersgemischten Gruppen betreut. Tagesmütter Die Fachstelle Kindertagesbetreuung im Landratsamt vermittelt Tagesmütter aus unserer Region. Diese Betreuung von 0 – 16 Jahren beim Kinder Herz e.V. in Wemding > Die erste Kinderkrippe im Landkreis gab es 1998 in Wemding. „Weil es ohne nicht ging, wenn Frauen arbeiten wollten“, erinnert sich Regina Thum-Ziegler. Sie ist Stadt- und Kreisräten der Frauenliste und ist gleichzeitig Vorsitzende und Geschäftsführerin vom Verein Kinder Herz e.V. Über die Jahre hinweg hat der Verein sein Angebot an Kinderbetreuung immer weiter ausgebaut. Die damals erste Krippe in Donau-Ries versteht sich mittlerweile als Kita plus. Das Angebot der Betreuung 0 bis 3-Jähriger wurde auf die Betreeung 0 bis 6-Jähriger ausgebaut. Dem Konzept liegt also ein altersgemischter Ansatz zugrunde. Kinder können vom Krippenalter bis zum Schuleintritt betreut werden. In Wemding seien die Betreuungsangebote sehr gut, sagt Thum-Ziegler. Ein Drittel der unter 3-Jährigen wird in Krippen betreut. Viele Eltern haben dank der vielen Krippenplätze die Möglichkeit zu arbeiten. „Wir werden die Frauen nicht dazu bringen, in den Beruf einzusteigen, wenn es kein Betreuungsangebot gibt“, so Thum-Ziegler. Sie bemerkt, dass Frauen meist ein Jahr Elternzeit nehmen und anschließend wieder in den Beruf einsteigen wollen. „Kinder unter einem Jahr nehmen wir natürlich auch“, sagt sie. Das käme aber selten vor. Dass sich Mütter oder Väter ganz aufs Hausfrauen oder Hausmann Dasein konzentrieren können, kann sie nur schwer nachvollziehen. „Irgendwann kommt die Krise und man will wieder arbeiten“, sagt sie. Dass Eltern ihre Kinder schon früh in Betreuung geben, findet Regina Thum-Ziegler richtig und wichtig. Ob man ein Kind mit sechs Monaten oder sechs Jahren das erste Mal in Betreuung gibt, fiele Müttern und Kinder gleich schwer. „Egal wann man das Kind weg gibt, es zerreißt der Mutter immer das Herz“. Argumente für frühe Betreuung sehen viele Eltern aber nicht nur in der dadurch besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Kinder kommen früh mit Gleichaltrigen in Kontakt und lernen Sozialverhalten schneller als andere. | Tagesmütter haben sich in einem Lehrgang zur Kinderbetreuung qualifiziert und stehen in regelmäßigen Kontakt mit der Fachstelle. Einige Tagesmütter arbeiten nur stundenweise, andere bieten eine Ganztagesbetreuung an. Vermittlung über die Fachstelle für Kinderbetreuung im Landratsamt, Claudia Wernhard, Tel.: 09 06 / 7 45 70 Babysitter Der Verein Kinderherz Wemding e.V. vermittelt Babysitter im ganzen Landkreis. Außerdem bildet der Verein zweimal im Jahr zum Babysitter aus. Im Kurs werden z. B. Aufsichtspflicht, Erste Hilfe und altersgemäße Spiele und Bastelideen thematisiert. Der nächste Kurs findet an Buß- und Bettag 2017 statt. Kontakt: www.kinderherz-wemding.de