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blaettle 15 - Juli/August 2017

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Achtung Baby! - Familiengründung und Kinderbetreuung im Landkreis Donau-Ries

lättle | Ausgabe

lättle | Ausgabe 15 | Juli/August 2017 REGIONALGESPRÄCH 18 19 Auch beim Spaziergang mit den Hunden Schon nach kurzer Zeit ein starkes Team: ist Paul dabei. Valentina und ihre Eltern. > uns auch dafür entschieden ein Kind zu bekommen, um unsere Familie komplett zu machen. Über den Zeitpunkt haben wir uns eigentlich keine Gedanken gemacht. 22 Habt ihr die Karriere überhaupt in die Kinderplanung miteinbezogen? V. G.-H.: Nein. M. S.: Wir haben das auch nicht miteinbezogen. Wir wollten ein Kind. Alles andere musste sich diesem Wunsch unterordnen. 23 Hat sich die Beziehung zu euren Partnern verändert, seitdem eure Kinder auf der Welt sind? V. G.-H.: Man wird noch enger miteinander verbunden. Man fühlt einfach noch mehr, dass man zueinander gehört. Paul hat unsere Familie komplett gemacht. M. S.: Aufgrund der nicht immer einfachen Schwangerschaft haben wir gelernt zusammenzustehen. Nur so konnten wir auch die Herausforderung meistern, dass unsere Tochter ein Frühchen war. 24 Kind und Karriere? Ist das mittlerweile möglich für beide Elternteile? M. S.: Mit Organisation, Absprache und gegenseitiger Unterstützung ist das auf jeden Fall möglich. V. G.-H.: Zumindest bei uns ist es so, dass weder mein Mann Robert, noch ich zurückstecken müssen. Robert arbeitet weiterhin Vollzeit. Ich habe das Glück einen Job zu haben, der mit Kind gut vereinbar ist. Wichtig ist zudem, dass auch der Arbeitgeber mitspielt. Wenn ich einen Job hätte, bei dem ich Paul nicht mitnehmen könnte, müsste ich zwangsläufig eine Job-Pause einlegen. 25 Ist es für Frauen immer noch schwieriger als für Männer, Kind und Karriere unter einen Hut zu bringen? V. G.-H.: Würde ich schon sagen. Als Mama ist man einfach noch mehr an das Kind gebunden. Ein Papa kann zum Beispiel nicht stillen. M. S.: Da fehlt mir die Vergleichsmöglichkeit. Als selbständiger Unternehmer kann ich es meiner Frau ermöglichen, dass sie das tun kann, was sie möchte. 26 Hat sich das Rollenverständnis Mann–Arbeit, Frau–Kind in den letzten Jahren verändert? M. S.: Ja, das würde ich schon sagen. Wenn meine Frau am Wochenende arbeitet bin ich Hausmann und passe auf unsere Tochter auf. Für mich ist das entspannend, weil das dann so ganz andere Tätigkeiten sind als während der Woche. V. G.-H.: Ja. Es ist individueller geworden und wird nicht mehr von der Gesellschaft vorgegeben. Jeder kann individuell entscheiden, wie er die Rollen verteilen möchte. 27 Wie findet ihr diese Veränderung? V. G.-H.: Ich finde es gut, dass sich das Rollenverständnis verändert und man die Wahl hat. M. S.: Ich finde es positiv, dass sich jeder in die Richtung entfalten kann, die er möchte. Durch Veränderungen ergeben sich ja auch wieder neue Möglichkeiten. 28 Was sagt ihr dazu, dass es immer noch kritisch beäugt wird, wenn Väter ihr Recht auf Elternzeit wahrnehmen? M. S.: Diese Diskussionen finde ich vollkommen unnötig. Jeder, egal ob Mutter oder Vater, soll doch die Möglichkeit haben Zeit mit seinem Kind zu verbringen und es aufwachsen zu sehen. V. G.-H.: Da stimme ich Matthias vollkommen zu. Ich finde es schade, dass darüber diskutiert werden muss. Robert hätte gerne Elternzeit genommen, wenn es finanziell drin gewesen wäre. Wer ein Haus abzahlt weiß, wovon ich spreche. 29 Wenn Mamas relativ schnell nach der Geburt wieder anfangen zu arbeiten, dauert es meistens nicht lange, bis auch die Kritiker auf den Plan treten. Was entgegnet ihr den Kritikern? V. G.-H.: Manche Kritiker tun sich sehr leicht mit ihren Aussagen. Nicht jeder Frau ist es frei überlassen, ob sie wieder arbeiten geht oder nicht. Bei manchen Frauen geht es einfach nicht anders, weil sie Geld verdienen müssen. Aber eigentlich muss das jeder für sich entscheiden und sollte das auch ohne Kritik entscheiden dürfen. In anderen Kulturen wird darüber gar nicht diskutiert, da ist das an der Tagesordnung. In früheren Zeiten war es auch in unserem Land normal, dass die Frau nach der Entbindung wieder ihren Pflichten in Haus und Hof nachging. Diese Arbeit war meist schwerer als heute zum Beispiel ein Job im Büro. M. S.: Ich habe es meiner Frau freigestellt, ob sie wieder arbeiten möchte. Aber nach sechs Monaten wollte sie auch mal wieder raus und hat sich dafür entschieden, stundenweise wieder zu arbeiten. Mir ermöglicht das natürlich eine sehr intensive Zeit mit meiner Tochter. 30 Wie gut schätzt ihr die Vereinbarkeit von Karriere und Familie in Deutschland generell ein? M. S.: Das kommt sehr auf den Betrieb an. Bei uns funktioniert das zum Beispiel gut. Aber natürlich bedeutet das in kleinen Unternehmen, dass die anderen Mitarbeiter sich auf deutlich mehr Arbeit einstellen müssen. Aber generell kommt es sehr darauf an, ob der Arbeitgeber mitmacht. V. G.-H.: Ich glaube auch, dass das sehr auf das Unternehmen ankommt. Klar ist es in Deutschland nicht so einfach wie in den skandinavischen Ländern. Aber dennoch ist die Lage in Deutschland gut. Wir haben viele Angebote, die es wiederum in anderen Ländern nicht gibt. 31 Muss man sich also entscheiden? Kind oder Karriere? M. S.: Das kann man so nicht sagen. Auch das kommt auf das Unternehmen an. Im Normalfall gibt es immer eine Lösung. Als Unternehmer sollte man sich mit seiner Angestellten zusammensetzen und gemeinsam eine Lösung erarbeiten. V. G.-H.: Das stimmt. Es kommt auf die Branche und den Job an, wie gut Kind und Karriere vereinbar sind. 32 Wo seht ihr Nachholbedarf? M. S.: Das Elterngeld-Prinzip ist ein Bürokratiemonster, das kein Laie richtig versteht. Generell muss es in Deutschland einen Sinneswandel geben in puncto Geburtenzahlen. Der demografische Wandel macht auch vor unserem Landkreis nicht Halt. V. G.-H.: Solange Frauen nach wirtschaftlichen Gründen entscheiden müssen, ob sie ein Kind kriegen, oder nicht, läuft etwas schief. Wenn du viel verdienst, sind 65% des Gehaltes als Elterngeld immer noch viel. Aber wenn du wenig verdienst sind 65% davon noch weniger. 33 Was sagt ihr zur sogenannten „Herd-Prämie“? M. S.: Für uns ist es gut, da wir unser Kind sowieso erstmal privat betreuen möchten. Das Geld können wir schon mal für unsere Tochter zurücklegen. Wir sind in der glücklichen Lage, dass sich die Omas schon darauf freuen auf unsere Tochter aufzupassen. Trotzdem ist es wichtig, dass noch viele Kindergartenplätze geschaffen werden. V. G.-H.: Ich finde, dass diese Prämie nicht wirklich sinnvoll ist. Wer eine kostenfreie Betreuung zum Beispiel durch Verwandte hat, erhält das Geld. Wer sich eine kostenpflichtige Betreuung organisieren muss, weil er vielleicht keine Familie in der Nähe hat, der bekommt kein Geld. 34 Manche Arbeitgeber stellen Frauen in einem gewissen Alter nicht ein, aus Angst diese könnten demnächst schwanger werden. Matthias, wie siehst du das aus Sicht eines Arbeitgebers? M. S.: Davon halte ich nichts. Bei mir arbeiten Frauen jeden Alters, auch junge Mütter. Damit bin ich bisher sehr gut gefahren. Bei Verena haben wir jetzt auch gesehen, dass das auch mit Kind sehr gut klappen kann, wenn man es nur richtig organisiert. 35 Gibt es eurer Meinung nach Berufe, die besser mit Kindern vereinbar sind, als andere? M. S.: Auf jeden Fall. Ich stelle es mir zum Beispiel schwierig vor, wenn man sein Kind mit auf den Bau nehmen muss. V. G.-H.: Wer seine Zeit frei einteilen kann, ist sicher im Vorteil. Das geht natürlich nur bei manchen Berufen. 36 Wie sieht das in eurem Beruf aus? V. G.-H.: Bei mir klappt das gut, weil ich Paul mit in die Redaktion bringen oder auch von zu Hause arbeiten kann. M. S.: Bei Donau-Ries-Aktuell ist das vollkommen unproblematisch. An manchen Tagen haben wir dann auch schon mal zwei Kinder in der Redaktion. 37 Wie wichtig ist die Unterstützung der Kollegen, damit man Kind und Karriere unter einen Hut bringen kann? V. G.-H.: Diese Unterstützung ist sehr wichtig. Wenn es für schlechte Stimmung sorgt, dass ich Paul mitbringe, dann habe ich ein Problem. M. S.: Da stimme ich Verena vollkommen zu. Die Unterstützung und Toleranz im Team ist sehr wichtig. Ich bin froh, dass unter meinen Kolleginnen Mamas sind, die mir Tipps geben können. 38 Wie war die Unterstützung vom Chef bzw. von den Kollegen bei euch? V. G.-H.: Ich war erleichtert, dass alle in Jubel ausgebrochen sind, als ich erzählt habe, dass ich schwanger bin. Also war die Unterstützung bestens. M. S.: Ich kann nur das Beste über meine Kolleginnen sagen. Alle waren sofort verliebt in meine Tochter. 39 Angenommen, ihr hättet euch vorab entscheiden müssen – wofür hättet ihr euch entschieden: Kind oder Karriere? V. G.-H.: Eindeutig für das Kind. M. S.: Ja, ich hätte mich auch für das Kind entschieden. 40 Welche eurer Eigenschaften darf euer Kind gerne übernehmen? M. S.: Sie soll Träume und Visionen haben. Sie soll für ihr Ziel arbeiten und auch in schweren Phasen nicht aufgeben. V. G.-H.: Er soll immer das Gefühl haben, dass er er selbst sein darf. So durfte ich aufwachsen. Das war toll. 41 Und bei welcher Eigenschaft wärt ihr froh, wenn sie eure Kinder nicht von euch übernehmen würden? M. S.: Meine Schludrigkeit muss sie nicht unbedingt übernehmen. V. G.-H.: Er soll nicht unsicher sein und sich nicht zu oft hinterfragen, dazu neige ich manchmal. Ich hoffe, dass er mit einem gesunden Selbstbewusstsein durchs Leben geht. 42 Welcher Gegenstand steht im Moment am meisten für euer neues Leben? V. G.-H.: Der Tragerucksack. So kann ich ihn überall hin mitnehmen. M. S.: Für mich ist es auch der Tragerucksack. So kann meine Tochter immer mit dabei sein. 43 Hat sich eure Grundeinstellung geändert seit ihr Kinder habt? Seht ihr Dinge entspannter? V. G.-H.: Im Prinzip schon. Der ganze Egoismus ist weg. Man ist plötzlich nicht mehr der alleinige Mittelpunkt im Leben. M. S.: Ich bin erwachsen geworden. Meine komplette Lebenseinstellung hat sich geändert. Was wirklich wichtig ist, ist Valentina. 44 Was ist die größte Veränderung in eurem Leben, seit ihr Kinder habt? V. G.-H.: Die Verantwortung, die man übernimmt. Man entscheidet nicht mehr nur für sich selbst. M. S.: Dass man plötzlich die Zukunft genauer plant. 45 Noch eine Frage aus aktuellem Anlass: Wie steht ihr zur Impfpflicht? M. S.: Valentina hatte einen schweren Start ins Leben. Durch Impfungen ist sie geschützt. Deshalb bin ich für die Impfpflicht. V. G.-H.: Ich finde es sollte keine Impfpflicht geben. Jeder sollte selbst entscheiden, ob impfen oder nicht. Viel wichtiger finde ich, dass man mehr über Impfungen und Impfstoffe aufklärt. Man sollte niemanden, der Bedenken in Bezug auf Impfungen hat, dazu zwingen. Kommen wir zu unserem Self-Rating-Test: Auf einer Skala von 1 bis 10, wie gut seid ihr ... 46 ... als Windelwechsler? V. G.-H.: 8. M. S.: 12. Im Windelwechseln bin ich echt super. 47 ... als Ins-Bett-Bringer? V. G.-H.: 10. Ich bringe Paul immer ins Bett. Deshalb hab ich da Routine. M. S.: 6 48 ... als Mama bzw. Papa? V. G.-H.: 5. Eine neutrale 5. Ich bin zum ersten Mal Mama und hoffe, dass ich nicht zu viel falsch mache. Es ist also noch sehr neu. M. S.: 8. ANZEIGE 49 ... bei der Organisation des Alltags mit Kind? V. G.-H.: 7. M. S.: 5. 50 Was ratet ihr werdenden Eltern, die befürchten, dass sie Kind und Karriere nicht unter einen Hut bringen? V. G.-H.: Man sollte sich nicht unter Druck setzen lassen und auch sich selbst nicht unter Druck setzen. Einfach entspannt bleiben. Der Rest regelt sich von selbst. M. S.:Man darf sich einfach nicht zu viele Gedanken machen. Das Kind wiegt den Stress auf. Vielen Dank, dass ihr euch Zeit für das Interview genommen habt. |